Eindrücke zum Kirchenkonzert am 13. November 2022 in Plankstadt

St. Nikolaus, Plankstadt (Foto UG)

Ein Cello berichtet

Als mein Cello und ich am Sonntag die katholische Kirche St. Nikolaus in Plankstadt betraten, waren wir wirklich beeindruckt von dem wunderschönen Kirchenraum. Die romanisch anmutenden Bögen und die wunderschön gestaltete Decke nahmen mich in ihren Bann.

Als Laienorchester müssen wir uns immer wieder neuen akustischen Herausforderungen stellen, da wir in verschiedenen Kirchen der Region oder in Stadthallen spielen und nicht immer den gleichen Konzertsaal für unsere Auftritte verwenden. Besonders Kirchen sind hier immer wieder eine neue Erfahrung: Viel oder wenig Hall, gute oder schlechte Akustik, ausreichend Platz oder doch eher Sardine in der Dose.

Die ersten Töne in der Kirche waren, wie erwartet, ungewohnt, da der Klang unserer Instrumente in das Kirchenschiff hineinhallte. Aber nach einer Eingewöhnungszeit war uns klar: Wir bekommen das hin.

Das Konzert spielten wir auf Wunsch einiger Plankstädter Bürger:innen, die unser Konzert im Frühjahr in Altlußheim besucht hatten. Gerne nahmen wir die Anregung an und organisierten diesen Auftritt. Die Kirchengemeinde und die Gemeindeverwaltung mit der Bücherei unterstützten uns bei den Vorbereitungen und der Werbung vor Ort (Ganz herzlichen Dank dafür!).

Unser erster Vorsitzender Dr. Stefan Niklas lud das Publikum ein aus den dunklen Novembertagen mit unserer Musik in freundlichere und wärmere Frühlingserinnerungen aufzubrechen. Als Reiseführer begleitete unser Dirigent Robert Sagasser das Publikum und berichtete kurzweilig mit unterhaltsamen Anekdoten zu unseren Stücken oder den Komponisten.

W. A. Mozart

Die Reise begann dann mit einer von Mozart komponierten Ouvertüre zu „Der Schauspieldirektor“. Das von Kaiser Joseph II. für ein „Frühlingsfest an einem Wintertag“ in Auftrag gegebene Singspiel wurde in der Schönbrunner Orangerie uraufgeführt. Diese Ouvertüre ist eines der wenigen Musikstücke aus diesem sehr textlastigen Schauspiel mit Musik über das Theater und seinen Starkult und glänzt mit großem Witz und Verve.

Es folgte das Konzert in G-Dur für zwei Bratschen und Streicher von Georg Philipp Telemann (1681-1767). Der Stimmführer der Bratschen, Roland Bierwald, und seine Schülerin Kaja Böttcher traten in diesem Konzert als Solisten auf.

G. Ph. Telemann

Telemann war berühmt dafür, Konzerte für unterschiedliche Instrumente zu komponieren. Er selbst, nahm sich als einer der Ersten der Bratsche an und lernte aus Ermangelung an guten Solisten selbst neben seinem Hauptinstrument der Violine noch die Bratsche spielen. Er schrieb dieses Konzert nach seinem einzigen Besuch in Frankreich und so merkt man dem Werk auch seine „französischen“ Eigenschaften in Stil und Ausführung an, eine wunderbare Pretiose für zwei ausgefallene Soloinstrumente.

M. Clementi

Muzio Clementi (1752-1832) ist ein aus Italien stammender, vergessener Komponist, Pianist und Musikpädagoge, der sich auch als Dirigent, Klavierbauer und Musikverleger betätigte.

Ein Engländer entdeckte den talentierten 14-jährigen Clementi in Rom und nahm ihn zur Ausbildung mit nach England, wo er seine zweite Heimat fand. Auf seinen verschiedenen Konzertreisen durch ganz Europa traf er auf Mozart, Haydn und Beethoven, den er, wie auch später Debussy, mit seinen Klavierwerken (Gradus ad Parnassum Op. 44) beeinflusste.

In der neueren Zeit haben sich verschiedene Künstler bemüht, Clementi aus der Vergessenheit hervorzuholen: So machte der italienische Komponist Alfredo Casella (1883–1947) auf Clementis sinfonisches Werk aufmerksam, indem er Teile der vier Sinfonien bearbeitete, komplettierte und neu zusammenstellte. Ganz besonders setzte sich der Pianist Wladimir Horowitz (1903–1989) für den Komponisten Clementi ein, indem er dessen Klavier-Sonaten in Konzerten und Aufnahmestudios spielte.

Das Kammerorchester stellte in dem Plankstädter Kirchenkonzert Clementis Sinfonie op. 18.1 in B-Dur vor, die dem Vergleich mit anderen Sinfonien der Wiener Klassik leicht standhalten kann. Sie ist reich an Klangfarben, charaktervoll und besticht mit atmosphärischer Dichte im Ausdruck.

G. Gerson

Im Anschluss daran präsentierten wir mit dem 1. Satz aus Georg Gersons (1790-1825) einziger Sinfonie in Es–Dur einen weiteren zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Zeitgenossen Franz Schuberts.

Der Däne Gerson, dessen Werke einen wichtigen und hinreißenden Beitrag im Wiener klassischen Stil (dänischer Provenienz) darstellen, war ein jüdischer Komponist aus Kopenhagen, der leider bereits mit 34 Jahren, kurz vor seiner Heirat, viel zu früh an einem Schlaganfall verstarb. Seine Sinfonie kann man musikalisch und technisch mit den Werken Schuberts gleichstellen.

W. A. Mozart

Nach dem Ausflug in die Romantik schlossen wir das Konzert mit der Sinfonie Nr. 32, die Mozart bei einem seiner Parisaufenthalte schrieb und ganz im Stil einer italienischen Ouvertüre gehalten hat. Ein an Klangfarben reiches Werk mit akzentuiertem Bläsereinsatz, vor allem im ersten Satz mit der marschartigen Fanfare im Forte. Ob die Sinfonie ursprünglich als Einleitung einer (eigenen) Oper konzipiert war, ist unklar; mögliche Kandidaten hierfür sind Zaide und Thamos, König in Ägypten (KV 344 und 345).

Der anhaltende Applaus und die Begeisterung unseres Publikums belohnten uns für unsere Probenarbeit und das Lampenfieber.

D. Bortniansky

Gerne spielten wir als Zugabe „Ich bete an die Macht der Liebe“. Diese Zugabe hatten wir ausgewählt, weil das Kirchenlied in allen christlichen Kirchen bekannt ist und die Melodie von einem ukrainischen Komponisten, D. Bortnianski, komponiert wurde. Mit diesem Stück beendeten wir das Konzert in Plankstadt und entließen unsere Gäste in die dunkle Novemberzeit. Hoffentlich mit einer Vorfreude auf einen besinnlichen Advent und einem Ausblick auf den nächsten Frühling. Gerne kommen wir wieder nach Plankstadt.

Vielen Dank allen Gästen für die großzügigen Spenden in unserem „Geigenkasten“.

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